Fokus von Mozilla sollte vor Verfolgung schützen, jetzt ist es angeblich selbst der Spitzel. Ist das so heiß? Wie gewöhnlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Der Sicherheitsexperte hat keine Beweise erbracht, gewisse Zweifel sehe ich jedoch im Zugang Mozillas… Mozilla gab im November ein neues Produkt für iOS heraus, das es Focus nannte. Wir haben es das erste Mal schon Ende 2015 erwähnt, vor ein paar Monaten jedoch hatte es seine öffentliche Premiere. Es handelt sich primär um ein Werkzeug zur Blockierung von Werbung und anderer Elemente im Web für Safari, das die Privatsphäre der Benutzer und Benutzerinnen schützen soll. (Es fungiert auch als selbstständiger Browser.) Da der erfolgreiche Kampf gegen Verfolgung sein Ziel ist, gehören auch Elemente sozialer Netzwerke dazu, wie zum Beispiel typischerweise die Gefällt mir-Schaltfläche von Facebook, Sie würden nicht erwarten, dass es Sie selbst verfolgt. Wie wir schon vielmals aufgedeckt haben, wird das Sammeln anonymisierter Daten überflüssigerweise dämonisiert, andererseits geben wir wieder freiwillig und sogar zu leichtfertig einigen Firmen viel sensiblere Daten. Das Thema ist komplex und lässt sich nicht bagatellisieren. Immer hängt es davon ab, welche Daten gesammelt werden, ob sie eine Anonymisierung durchlaufen und wer die Daten verarbeitet und auf sie Zugriff hat. Das sind die Grundfragen. Mozilla und Privatsphäre Wie ist das mit Focus? Der Journalist Peter Welchering hat zum Sicherheitsexperten Hermann Sauer Kontakt aufgenommen. Das Ergebnis lautet, dass die Anwendung das Verhalten der Benutzer und Benutzerinnen im Rahmen der Anwendung und beim Surfen durch das Web verfolgt. Es weiß, wohin Sie gehen und kennt u. a. Ihre IP-Adresse. Diese Informationen und viele weitere Daten sendet die Anwendung dann angeblich der deutschen Firma Adjust, die sich mit der Verarbeitung der sogenannten großen Daten (big data, d. Übers.) beschäftigt. Das Versenden ist in Focus automatisch eingeschaltet. Von einer gemeinnützigen Organisation würden wir keine unlauteren Aktivitäten erwarten und man kann davon ausgehen, dass in diesem Falle hinter dem ganzen Prozess keine schlechten Absichten stehen. Im Ergebnis ist es nichtsdestoweniger wahr, dass , wenn Sie den absoluten Schutz der Privatsphäre erwarten, Focus dieses Vertrauen in gewissem Maße verletzt. Ich meine, dass die Verfolgung auswählbar sein sollte. Der Unterschied zwischen dem Sammeln von Daten in Firefox und in Focus Mozilla beschreibt auf der Website die Unterstützung des Sammelns und die Umstände. Erstens erfahren wir durch eine Mitteilung, dass diese Verfolgung im klassischen Firefox für iOS und Android ebenfalls aktiv ist. Mozilla behauptet, dass es dadurch feststellt, auf der Grundlage welchen Anlasses Sie den Browser installiert haben und welches Gerät Sie nutzen. Adjust aber betreibt einen Dienst im Hintergrund, der die gesammelten Daten empfängt. Weiterhin gesteht die Organisation ein, dass alle Browser nicht nur bei der Installation Telemetrie-Daten senden, sondern einmal direkt nach der Installation.. In diesen Fällen informieren die gesammelten Daten darüber, wie oft Sie die Anwendung verwenden. Speziell Focus - in Deutschland auch als Klar bekannt - verrät dann noch, welche Funktionen Sie verwenden. Dabei bleibt es nicht. Weiter ermittelt es, welche Filter Sie verwenden, und zählt auch, wie oft Sie die Schaltflächen für das Suchen, das Surfen und das Löschen des Benutzerinhalts gedrückt haben. Das klingt alles nach Telemetrie, also das Sammeln von Daten über die Verwendung einer Anwendung, die helfen, die Anwendung zu verbessern. Obwohl es sich vielleicht in diesem Fall nicht um einen eindeutigen zielgerichteten Eingriff in die Privatsphäre handelt, in Anbetracht der Umstände halte ich es für unpassend, dass das Sammeln standardmäßig eingeschaltet ist. Es sollte ausgeschaltet sein, denn die Anwendung sollte höchstens fragen, ob Sie in das Sammeln von Daten einwilligen. Besonders deutlich sollte ausgeführt werden, was mit den Daten geschieht. Adjust könnte sie seelenruhig für Werbezwecke verkaufen. (Laut Günter Born hat es solche Klienten.) Die Beweise fehlen, Mozilla verteidigt sich Der erwähnte Günter Born, ein deutscher Blogger, weist darauf hin, dass in dem Beitrag, wo Mozilla seine Anwendung bekannt macht, sich eine geschickt beschnittene Aufnahme des Bildschirms befindet, auf der die Voreinstellung für das Ausschalten des Sammelns von Daten in Focus nicht zu sehen ist. Auf die Situation hat schon Mozilla selbst reagiert. Es bestätigte das Sammeln von Informationen, die die Installation und außerdem die Verwendung der Funktionen betreffen, die, kurz gesagt, die Produkte verbessern helfen. Es gab an, dass die Browserchronik weder an Mozilla noch an die Firma Adjust geschickt wird. Bildunterschrift: Abgeschnittenes Bild, dass die Voreinstellung für die Telemetrie-Nachrichten verdeckt (Foto: Mozilla) Wie also BleepingComputer darauf hinwies, gibt es keinen Grund zu denken, Mozilla würde unser Vertrauen missbrauchen. Der ursprüngliche Bericht des deutschen Experten bringt nämlich keine konkreten Beweise, nur die unbestimmte Behauptung, die die Verletzung des Vertrauens und das Senden persönlicher und nichtanonymisierter Daten der Anwendung Focus betrifft. Wenn Hermann Sauer seine Behauptungen nicht belegt, haben sie kein Gewicht. Mozilla ist überaus offen und es beschreibt das Sammeln von Daten auf seiner Website. Immer jedoch gilt, was ich oben angeführt habe: Ich halte es nicht für passend, das Sammeln von Daten standardmäßig zu aktivieren. Der Browser sollte nach dem Versenden von Telemetriedaten fragen, oder die Funktion sollte ausgeschaltet sein, damit man sie manuell einschalten kann. Weiterhin sollte auf der Website von Mozilla mehr beschrieben sein, was Adjust mit den Daten (nicht) tun kann. In einem solch heiklen Fall sollte die Website mehr Informationen über die gesammelten Daten enthalten.